Tuesday, December 1

Agrarwirtschaft // Planwirtschaft

Auf Grund ihrer günstigen Lage im Agrardreieck galt die Ukraine lange Zeit als “Kornkammer” der Sowjetunion. Ihr war deshalb auch der Versorgungsauftrag innerhalb der UdSSR durch die zentrale Planwirtschaft gesichert. Dominiert wurde die landwirtschaftliche Produktion vom Weizenanbau, der somit die Versorgung Russlands mit dem Grundnahrungsmittel Weißbrot sicherte.
1929-1933 wurde die Landwirtschaft radikal kollektiviert und das Eigentum in kollektiven (Kolchosen) und staatlichen (Sowchosen) Betriebsformen neu verteilt. Der Unterschied zwischen den beiden Betriebsformen soll nun kurz geklärt werden.
Die Sowchose
In der Sowchose sind Boden und Produktionsmittel staatlich und die Arbeiter sind vom Staat beschäftigte Arbeitnehmer, die somit auch ein Gehalt bekommen und Rentenansprüche stellen können. Außerdem wird vom Staat ein Direktor, meist ein Spezialist für dieses Gebiet, eingesetzt. Die Produkte die in den (meist spezialisierten) Betrieben, in Musterbetrieben oder Forschungseinrichtungen produziert werden, werden vom staatlicher Hand aufgekauft.
Die Kolchose
In der Kolchose ist der Boden zwar auch staatlich aber er wird den Kolchosen zur Nutzung überlassen, die auch ihre Produktionsmittel selbst in Gemeinschaftsbesitz organisieren. Die Arbeiter sind Mitglieder der Kolchosen und erhalten kein festes Gehalt und selbst der Direktor ist nur ein von der Gemeinschaft gewählter Vorstand. Von den Produkten werden bestellte Mengen vom Staat zu festgesetzten Preisen abgekauft und die Überschüsse können auf dem Markt verkauft werden.
Hinzu kommt bei beiden Betriebsformen das Private Hofland, auf dem die Bauern der Sowchosen und Kolchosen Produkte zur Eigenversorgung anbauen können. Die dabei eventuell erzeugten Überschüsse können sie auf dem Markt im Dorf verkaufen.
Die Probleme die sich bei diesen Organisationsformen ergeben, liegen auf der Hand: Die fehlenden oder oft ungenügend modernisierten Betriebsmittel führen zu einer sehr geringen Produktivität und erzeugen daher oft immense Versorgungsprobleme. Hinzu kommt der Mangel an Düngemittel und Saatgut der eine schlechte Qualität und Quantität der Produkte nachsichzieht. Darüberhinaus leiden die Betriebe oft an Organisationsproblemen und durch die niedrigen Löhne fehlt es den Arbeitern an Motivation, was außerdem noch verstärkt wird durch den fehlenden Wettbewerb und die geringe Innovationsbereitschaft. Dies ist zurückzuführen auf die Tatsache, dass ja alles in staatlicher Hand ist.
Ab 1954 wurde im nördlichen Kasachstan eine Neulandaktion durchgeführt, was zu einer teilweisen Verlagerung der Weizenproduktion führte. Damit wollte man die unbefriedigte Situation in der Getreideproduktion verbessern und den Maisanbau in der Ukraine beschleunigen, um Futtermittel für die Milch-und Fleischviehhaltung zu gewinnen. Dadurch vergrößerte sich dann auch der Viehbestand in der Ukraine und die Aussaatflächen in Kasachstan wurden erweitert.
Seit 1990 ist die Ukraine ein eigenständiger Staat und mit der Agrarproduktion geht es bergab. Das kann für ein Land wie dieses, in dem die Landwirtschaft eine so große Rolle spielt, schwerwiegende Folgen haben. Zunächst aber zu den Gründen:
1. Es fehlt die Verflechtung mit der Sowjetunion und der Versorgungsauftrag innerhalb der UdSSR. Da aber im Ausland und vor allem in der EU Überproduktion herrscht, kann die Ukraine ihren Weizen nicht exportieren und muss die Anbauflächen reduzieren.
2. Die vielen dominierenden Großbetriebe leiden an den typischen Problemen der Transformation wie Geldknappheit, großer Modernisierungsbedarf, geringe finanzielle Unterstützung durch den Staat, Unkenntnisse im privatwirtschaftlichen Handeln und Absatzschwierigkeiten wegen zu billiger Agrarimporte.
3. Ausländischen Investoren fehlt das Vertrauen, da die Privatisierung sehr langsam fortschreitet.
4. Viel zu viele Arbeiter werden weiter beschäftigt, obwohl es für sie gar keine Arbeit mehr gibt. Das hält zwar die Arbeitslosenquote gering, senkt aber die Produktivität und die Wettbewerbsfähigkeit.
5. Ökologische Probleme wie die Bodenauslaugung durch Monokulturen, erhöhte Anfälligkeit für Schädlinge und daher vermehrter Chemikalieneinsatz, Bodenversalzung in Bewässerungsfeldbauregionen und fehlendes Kapital zur Bodenmelioration.
Heute dominieren in der Ukraine noch immer die Großbetriebe, die aber immer noch die gleichen Probleme haben. Die kleineren Bauern betreiben mehrheitlich Subsistenzwirtschaft, da Löhne und Renten nur unvollständig ausbezahlt werden und das Lohnniveau mit den stark gestiegenen Lebenshaltungskosten nicht mithalten kann. Hinzu kommen die geringen Erfolge im Export.
In Zukunft wird es wichtig sein ausländische Investoren anzulocken, um die nötigen Umstrukturierungsmaßnahmen durchführen zu können, die Infrastruktur und die Außenhandelskontakte zu verbessern und die ökologischen Probleme zu lösen.

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